Zeitgemässe Umweltbildung

Was ist Umweltbildung

Die Fachkonferenz Umweltbildung hat auf der Basis des Positionspapiers der FUB (2014) ein Grundlagenpapier „Zeitgemässe Umweltbildung“ erarbeitet. Damit wird die Qualität und Wirkung von Umweltbildungsangeboten gefördert und Position der FUB gestärkt.

Die Umweltbildung hat eine bewegte Geschichte. Das grundlegende Umweltbildungsverständnis der Fachkonferenz Umweltbildung basiert auf der Definition der IUCN (International Union for the Conservation of Nature) von 1971 und den Ausführungen dazu an der Zwischenstaatlichen Konferenz über Umwelterziehung der UNESCO in Tiflis 1977.

Definition Umweltbildung

Umweltbildung beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Im Zentrum steht die Förderung der Handlungsbereitschaft und die Befähigung des Menschen zum respektvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen im Spannungsfeld von individuellen und gesellschaftlichen, lokalen und globalen sowie ökonomischen und ökologischen Interessen. Dazu braucht es eine Umweltbildung, die eigene Erfahrungen und Wahrnehmungen ermöglicht und die Fähigkeit fördert, mit widersprüchlichen Situationen umzugehen. Zentraler Baustein von Umweltbildung ist das ganzheitliche, situierte und authentische Erfahrungslernen.

Eine wichtige Basis bilden Erfahrungen in und mit der Natur. Der Erwerb von Wissen und von Handlungsstrategien gehört genauso zur Umweltbildung, wie die Fähigkeit und Bereitschaft, den eigenen Lebensraum aktiv mitzugestalten.

Umweltbildung ist der Prozess und das Ergebnis, wenn Menschen bewusst und unbewusst Kompetenzen entwickeln, mit denen sie die Anforderungen des Lebens selbstbestimmt und als Teil einer Gemeinschaft meistern. Dabei übernehmen sie Mitverantwortung für ihre natürliche, soziale und kulturelle (durch den Menschen gestaltete) Umwelt. Umweltbildung fokussiert auf den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Sie leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung.

Geschichtliche Entwicklung der Umweltbildung

In den 70er Jahren wurden Natur– und Umweltschutz zu weltweiten Themen in der breiten Öffentlichkeit. Ausgangspunkt war die «ökologische Krise», ausgelöst durch die Ressourcenverknappung, die immer deutlicher zutage tretende Umweltverschmutzung und die Bevölkerungsexplosion in vielen Ländern dieser Erde. Die Umwelterziehung wurde zuerst in erster Linie von privaten Natur– und Umweltorganisationen (NGO) getragen. 1977 fand die UNESCO–Konferenz zur Umwelterziehung in Tiflis statt. In der Schweiz entstand eine an den Erkenntnissen der Ökologie orientierte Umwelt (schutz) erziehung. Das Vermitteln von Wissen und Zusammenhängen, das persönliche Verhalten und als Methode die Freilandbiologie standen im Zentrum. In den 80er Jahren wurden Erlebnisorientierung und aktives, handlungsorientiertes Umweltlernen durch Projektunterricht zu zentralen Anliegen. Die Förderung des Umweltbewusstseins und verantwortungsvollen Handelns von Einzelpersonen standen im Zentrum.

Die staatlichen, für den Umweltschutz verantwortlichen, Vollzugsorgane (auf nationaler Ebene das BAFU (1)) begannen sich neben den NGO zu engagieren. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren EDK anerkannte 1988 erstmals Umweltbildung als wichtiges Bildungsziel (2). Umweltkatastrophen wie das Wald sterben, das Reaktorunglück von Tschernobyl oder der Grossbrand beim Chemiekonzern Sandoz in Schweizerhalle (beide 1986) trugen dabei massgeblich zu einer gesellschaftlichen Akzeptanz von Umweltbildung bei.

Im Anschluss an die UNO-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung in Rio 1992 wurde das Lernen für eine nachhaltige Gesellschaft auch zur Leitidee der Umweltbildung. Mit dieser Orientierung erfolgte ein langsamer Perspektivenwechsel in der Umweltbildung:

Vom sektoriellen zum vernetzten, systemischen Denken. Der klassisch naturwissenschaftliche Zugang wurde durch sozio-ökologische Aspekte erweitert (3). Umweltbildung entwickelte sich zur komplexitätsbewussten und vernetzungsorientierten, interdisziplinären Bildungsaufgabe.

  • Von der Defizit- / Problemorientierung zur Ressourcenorientierung.
  • Von der Konzentrierung auf individuelle Verhaltensänderungen zur Fokussierung auf gesellschaftliche Lösungsmöglichkeiten umweltrelevanter Fragestellungen / Probleme.
  • Von der Wissensvermittlung zur Kompetenzförderung (4).

Am UNO Weltgipfel zur Nachhaltigen Entwicklung 2002 in Johannesburg wurde der Stellenwert der Bildung bekräftigt und eine Weltdekade der Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung 2005–2014 beschlossen (5). Die Schweiz verpflichtete sich, BNE auf  allen Bildungsstufen zu integrieren (6). Umweltbildung wird dabei als wichtiger Zugang zu BNE anerkannt.

Quellen

  1. damals BUS Bundesamt für Umweltschutz
  2. Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) (1988): Erklärung zur Umwelterziehung an den Schweizer Schulen.
  3. So befasst sich die «sozio–ökologische Umweltbildung» mit Themen zur Umwelt und zur Zukunftsgestaltung aus dem Umfeld der Betroffenen, orientiert sich an aktuellen Fragestellungen, beleuchtet lltagssituationen und hinterfragt sie kritisch, um Problemlösungen und Alternativen zu entwickeln. (vgl. Kyburz–Graber, Regula, Halder, U., Hügli, A., Ritter, M. (2001): Umweltbildung im 20. Jahrhundert: Anfänge, Gegenwartsprobleme, Perspektiven. Münster / New York / München / Berlin: Waxmann, Reihe Umwelt – Bildung – Forschung, Band 7).
  4. vgl. U. Nagel (2008): Entwicklung der Umweltbildung im gesellschaftlichen Kontext. In: umweltbildung.ch 2008 / 02, und EDK Hrsg. (2002): ZukUB. Bern, S. 14ff.
  5. UNESCO Education Sector (2005): International implementation scheme. United Nations Decade of Education for Sustainable Development (2005–2014) . http://www.are.admin.ch/themen/nachhaltig/03541/index.html?lang=de (Zugriff: 15.02.2012).
  6. Die Integration von BNE in die obligatorische Schule will die Schweizerische Koordinationskonferenz BNE (SK BNE) über den Massnahmenplan BNE erreichen (vgl. www.edk.ch ) . Ausserdem wurde Nachhaltige Entwicklung als Ziel im Berufsbildungsgesetz und im Fachhochschulgesetz verankert. Die Stärkung der nicht formellen und
    informellen Bildung für Nachhaltige Entwicklung werden in der Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundesrates ebenfalls als wichtig erachtet, eine nationale Strategie gibt es aber dazu bisher nicht (vgl. Schweizerischer Bundesrat (2008): Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan 2008–2011. S.33ff http://www.are.admin.
    ch/themen/nachhaltig/00262/00528/index.html?lang=de (Zugriff: 15.02.2012)